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Mehr als bloß Schallwellen

Ein Psychologieprofessor erklärt ausführlich, wie uns Musik glücklicher und gesünder macht.

»Don't worry, be happy« – ein Song, vor dem wohl jede noch so schlechte Laune kapituliert. Doch was macht Musik so mächtig, dass man sich ihrer soghaften Wirkung kaum entziehen kann? Nüchtern betrachtet ist ja selbst das ergreifendste Liebeslied lediglich eine Kombination aus Tonhöhen und Rhythmen.

Laut Stefan Kölsch, Professor für Musikpsychologie an der Universität Bergen in Norwegen, hat Musik sogar die Kraft, uns zu heilen. Der Wissenschaftler gründet diese Erkenntnis auf jahrzehntelange Forschung. Nun hat er sein geballtes Wissen als Psychologe, Soziologe und Musiker in diesem Bestseller vereint. Anhand zahlreicher Studien erklärt er, wie Musik auf unser Gehirn wirkt, unsere Emotionen beeinflusst und letztlich sogar unser Immunsystem stärkt.

Songs mit belebender Wirkung

Kölsch liefert eindrucksvolle Fallbeispiele dafür, wie Musiktherapie das Leben von Menschen mit Autismus, Demenz oder Parkinson entscheidend verbessern kann. Aber auch für jeden anderen Leser gibt es viele praktische Alltagstipps, etwa den »Musiktresor«: Man lege sich eine Sammlung all jener Songs zu, mit denen man schöne Lebenserinnerungen assoziiert. In Krisen oder bei Krankheit könnten diese dann positive Emotionen auslösen und die Selbstheilungskräfte stärken.

Doch trotz all der »Good Vibrations« hat das Werk leider auch eine große Schwäche: Der Autor will einfach zu viel. In der Widmung des Buchs dankt er seiner Frau in einer charmant-ehrlichen Selbsterkenntnis für ihre »Engelsgeduld«, mit der sie sich seine »vorlesungsartigen Antworten auf Fragen anhört, die auch in einem Satz hätten beantwortet werden können«. Und tatsächlich schweift der Wissenschaftler zu häufig ab und verläuft sich in soziologischen und gesellschaftspolitischen Exkursen. Mindestlohn, Menschenrechte und Rechtsextremismus – das sind zwar alles wichtige Themen, sie wirken hier jedoch deplatziert.

Überhaupt erklärt Kölsch alles sehr detailliert, beispielsweise wenn es um die Affektsysteme im Gehirn oder psychologische Bewertungstheorien geht. Hinzu kommen viele Wiederholungen, bei denen man als Leser(in) rufen möchte: »Ja, ich hab's jetzt verstanden!« Insgesamt leidet der Lesefluss unter dem Ballast; es hätte dem Werk gutgetan, wenn sich der Musikpsychologe stärker auf das eigentliche Thema konzentriert hätte.

Trotzdem bleibt ein positiver Gesamteindruck. Die Wirkung von Musik auf Körper und Geist ist beeindruckend und birgt bisher wenig genutzte Potenziale für die Medizin. Am Ende hat man ein paar Ohr­würmer und Erkenntnisse dazugewonnen. Man sollte sich jedoch darüber im Klaren sein, dass man nicht unbedingt das bekommt, was man beim Kauf des Buchs erwartet hat.

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