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Physik: Chinesischer Quantencomputer beweist Quantenüberlegenheit

Im Jahr 2019 übertrumpfte ein Quantenrechner von Google erstmals klassische Computer. Ein Jahr später ist dies auch einer chinesischen Gruppe gelungen - mit einer völlig anderen Technik.
Steckt ein exotisches Quantenfeld hinter der Dunklen Energie?

Ein chinesischer Quantencomputerprototyp hat in 200 Sekunden eine Rechenaufgabe gelöst, für die ein klassischer Computer 2,5 Milliarden Jahre benötigen würde. Das berichten Forscher um Jian-Wei Pan von der University of Science and Technology of China im Fachmagazin »Science«.

Ein von Google finanziertes Forscherteam hatte bereits im Oktober 2019 gezeigt, dass Quantencomputer bei einer Spezialaufgabe schneller zum Ziel kommen als herkömmliche Supercomputer. Die US-Gruppe hatte dafür ein Netz aus 53 supraleitenden Kreuzchen genutzt. Der stark gekühlte Mikrochip ermittelte in Rekordzeit, mit welcher Wahrscheinlichkeit die gekoppelten Qubits beim Auslesen bestimmte Zahlenfolgen hervorbringen.

Das chinesische Team hat nun einen anderen Weg zur »Quantenüberlegenheit« gewählt: Mit Lasern feuerten die Physiker eine Schar einzelner Lichtteilchen in ein Feld aus Strahlteilern, Spiegeln und Prismen. An jedem der Strahlteiler muss sich ein Photon entscheiden, ob es im rechten Winkel abbiegt oder weiter geradeaus fliegt. Am Rand der Versuchsfläche wiesen empfindliche 100 Detektoren nach, welchen Weg die Lichtteilchen letztlich über den Labortisch genommen hatten.

Welche Detektoren hier mit welcher Wahrscheinlichkeit aufleuchten und welche Polarisation die eintreffenden Lichtteilchen jeweils haben, ist für einen normalen Computer extrem schwer zu berechnen. Wenn man für 50 gleichzeitig abgeschossene Photonen alle möglichen Durchläufe durch den Parcours zählt, kommt man auf die astronomisch hohe Zahl von 1030 (eine Zahl mit 30 Nullen), schätzen die Forscher. Und letztlich sind nicht alle Ausgänge gleich wahrscheinlich: Die Lichtpulse lassen sich im Rahmen der Quantenphysik als Wellen beschreiben und interferieren daher auf komplizierte Weise miteinander.

Um zu ermitteln, wie häufig welcher Ablauf des Experiments ist, müssen klassische Computer ein vertracktes Gleichungssystem lösen. Seine Komplexität wächst exponentiell mit der Anzahl der beteiligten Lichtteilchen. Wenn man den Parcours dagegen einfach nachbaut, ihn regelmäßig mit genau aufeinander abgestimmten Laserpulsen füttert und zählt, wie häufig welcher Photodetektor aufleuchtet, lässt sich das Ergebnis aber auch viel schneller ermitteln: Die Natur nimmt einem in diesem Fall das komplizierte Überlagerungsgeschehen ab.

Die Computerwissenschaftler Scott Aaronson und Alex Arkhipov hatten das als »Gaussian Boson Sampling« bekannte Experiment daher schon 2011 als Testfeld für einen auf Lichtteilchen basierenden Quantencomputer beschrieben. Die technischen Hürden galten bis zuletzt allerdings als extrem hoch, da Lichtteilchen häufig verloren gehen und sich in großer Zahl nur schwer synchronisieren lassen.

Den chinesischen Forschern will die Sache nun aber gelungen sein: Man habe dabei pro Durchlauf des Experiments bis zu 76 Photonensignale gemessen, schreibt das Team in »Science«. Damit habe man eine Komplexität erreicht, die sich für Supercomputer nicht mehr wirklich simulieren lasse. Folgerichtig konnten die Wissenschaftler letztlich auch nur auf Umwegen ermitteln, ob die von ihrem Quantenrechner ausgespuckte »Wahrscheinlichkeitsverteilung« stimmt: Sie nutzten dazu unter anderem Supercomputersimulationen für bis zu 50 gemessene Photonen und einen Vergleich mit Laborergebnissen, bei denen Lichtteilchen nicht interferierten.

Ihren Quantenrechner haben die Wissenschaftler »Jiuzhang« getauft, in Anlehnung an eine der ältesten Mathematikschriften Chinas. Unbeteiligte Forscher halten das Ergebnis insgesamt für stichhaltig: Jian-Wei Pan gilt seit Langem als führender Experte bei Experimenten mit Lichtteilchen. Unter anderem ist er das Mastermind hinter dem Quanten-Satelliten Micius, mit dem chinesische Wissenschaftler neue Rekorde bei der Verschränkung von Lichtteilchen aufgestellt haben.

Was Chinas Quantencomputerexperiment angeht, bleiben derweil noch Detailfragen offen. Unter anderem Google hat Zweifel angemeldet, ob klassische Computer bei der Aufgabe wirklich so schlecht abschneiden wie gedacht, berichtet Scott Aaronson auf seinem Blog.

Was bereits feststeht: Anders als Googles Quantenchip eignet sich der Versuchsaufbau der Chinesen nicht für andere Rechenaufgaben. Hierzu müsste man die Photonen nach jedem Strahlteiler messen und basierend auf dem Ergebnis den Rest des Parcours ändern. Gelingt dies irgendwann, dürften lichtbasierte Quantenrechner zu einem ernsten Konkurrenten der bisher dominierenden Quantencomputertechniken werden.

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