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Diagnostik: Ist mein Kind hochsensibel?

Eltern und Lehrer beurteilen die Hochsensibilität eines Kindes oft ganz unterschiedlich. Die Eltern kennen ihre Kinder jedoch besser: Sie stimmen in ihren Einschätzungen häufiger überein.
Ein kleines Mädchen schreibt an einem alten Pult in ein Heft
Eltern nehmen ihr Kind anders wahr als dessen Lehrerinnen und Lehrer. (Symbolbild)

Menschen unterscheiden sich darin, wie intensiv sie die Welt erleben und wie empfindsam sie reagieren. Woran man diese Hochsensibilität schon bei Kindern erkennt, ist umstritten; einen objektiven Marker gibt es nicht. Der Fragebogen »Highly Sensitive Child« von der bekannten Hochsensibilitätsforscherin Elaine Aron befragt die Kinder selbst, doch einigen fällt es schwer, sich selbst einzuschätzen, oder sie antworten so, wie sie glauben, dass es von ihnen erwartet wird. Ein Team um den Psychologen Michael Pluess von der britischen University of Surrey hat deshalb ein Interview entwickelt, das auf Selbst- und Fremdurteilen beruht und erlaubt, genauer nachzufragen.

Die Gruppe testete ihre Interviewfragen im Rahmen einer Schweizer Längsschnittstudie an Grundschulkindern im Alter von sieben bis neun Jahren. Am Ende lagen Urteile zu mehr als 60 Kindern vor: aus den Interviews mit den Kindern selbst und mit je einem Elternteil sowie aus Interviews mit zugehörigen Lehrerinnen und Lehrern.

Die Angaben der Eltern stimmten einigermaßen mit denen ihrer Kinder überein. Aber die Antworten der Lehrenden hingen mit beiden nicht signifikant zusammen – vielleicht, weil sie sich auf andere Beobachtungen gründeten, wie Pluess und seine Kolleginnen vermuten. In ihrem finalen Kennwert für Hochsensibilität fassen sie daher nur die Antworten von Eltern und Kindern zusammen.

Die Eltern-Urteile ließen sich statistisch zwei Dimensionen von Hochsensibilität zuordnen: der leichten Erregbarkeit und der niedrigen sensorischen Reizschwelle. Das Interview konzentriert sich auf diese beiden Kerndimensionen von Hochsensibilität und verzichtet darauf, nach weiteren typischen Eigenschaften zu fragen, weil sie unter Hochsensiblen weniger verbreitet sind, zum Beispiel ein feines Gespür für Ästhetik. Was zu Hochsensibilität zählt und was lediglich oft damit einhergeht, ist allerdings umstritten.

Die Forschenden geben selbst zu bedenken, dass ihre Stichprobe sehr klein war und die Familien in Einkommen und Bildungsgrad sehr homogen. Das Interview sollte deshalb an weiteren Stichproben überprüft werden. Außerdem wäre noch zu untersuchen, ob es tatsächlich vor allem Hochsensibilität erfasst, denn einige der erfragten Merkmale sind ebenfalls typisch für ADHS, Autismus oder soziale Ängste. Diese Diagnosen sollten auch und gerade bei Hochsensiblen zusätzlich abgeklärt werden.

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