Ein neues altes Familienalbum
Am 30. November 1974 stieß der amerikanische Paläoanthropologe Donald Johanson in Äthiopien auf die sterblichen Überreste eines Hominiden. Der Fund – ein 3,2 Millionen Jahre altes, fast vollständig erhaltenes weibliches Skelett – sollte weltberühmt werden. Allerdings kennen ihn die wenigsten unter der offiziellen Katalog-Nummer "A. L. 288-1"; auch die seit 1978 gültige Artbezeichnung Australopithecus afarensis ist längst nicht so bekannt wie der Spitzname der Kreatur: "Lucy".
Johanson, der seit mehr als drei Jahrzehnten in Ostafrika auf den Spuren unserer Ahnen wandelt, zählt mittlerweile zu den bekanntesten Hominidenforschern – wenn er auch längst nicht die Berühmtheit seines Fundes erlangt hat. Zusammen mit dem Wissenschaftsjournalisten Blake Edgar und dem Fotografen David Brill präsentierte er 1996 "Lucy und ihre Kinder" – ein Standardwerk, das in keinem anthropologisch angehauchten Bücherschrank fehlen sollte.
Doch zehn Jahre sind auch für Forscher alter Knochen eine lange Zeit. Über aufsehenerregende Entdeckungen wie den bisher ältesten Hominiden Sahelanthropus tchadensis, den Millenium-Mann Orrorin tugenensis, den Kenianer Kenyanthropus platyops, Lucys jüngste Schwester Australopithecus garhi und nicht zuletzt den rätselhaften Zwerg Homo floresiensis, der auf einer einsamen Insel noch bis vor kurzem unter uns geweilt haben soll, schwiegen sich "Lucy und ihre Kinder" bis jetzt aus.
Bis jetzt. Denn in diesem Jahr präsentierten die Autoren eine aktualisierte und erweiterte Auflage ihres großformatigen Buchs. Wie zuvor behandeln sie im ersten Teil die zentralen Themen der Paläoanthropologie: Sie schildern ihre Forschungsmethoden, diskutieren die Problematik von Stammbaum und Artbegriff und beschreiben anatomische und kulturelle Besonderheiten der Hominiden wie aufrechter Gang, Werkzeuggebrauch oder den Ursprung der Sprache. Die Autoren wählen hierbei einen nüchtern-sachlichen Stil und kommen damit den Erwartungen an ein Nachschlagewerk entgegen.
Richtig spannend wird es im zweiten Teil: die Belege. Hier werden alle wichtigen Funde der Paläoanthropologie ausführlich beschrieben, wobei die fantastisch gemachten und meist in Originalgröße abgebildeten Fotos von David Brill bestechen. Wer sich für alte Knochen unserer Vorfahren begeistern kann, dem wird hier das Herz aufgehen.
Fazit: "Lucy und ihre Kinder" präsentiert sich nach wie vor als faszinierendes Familienalbum unserer Ahnen und dürfte das beste Nachschlagewerk der Paläoanthropologie sein. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt allerdings: Dass die vom Elsevier-Verlag herausgegebene deutsche Übersetzung acht Jahre nach der Rechtschreibreform immer noch auf die Rechtschreibung von 1901 setzt, erscheint doch ein wenig fossil.
Johanson, der seit mehr als drei Jahrzehnten in Ostafrika auf den Spuren unserer Ahnen wandelt, zählt mittlerweile zu den bekanntesten Hominidenforschern – wenn er auch längst nicht die Berühmtheit seines Fundes erlangt hat. Zusammen mit dem Wissenschaftsjournalisten Blake Edgar und dem Fotografen David Brill präsentierte er 1996 "Lucy und ihre Kinder" – ein Standardwerk, das in keinem anthropologisch angehauchten Bücherschrank fehlen sollte.
Doch zehn Jahre sind auch für Forscher alter Knochen eine lange Zeit. Über aufsehenerregende Entdeckungen wie den bisher ältesten Hominiden Sahelanthropus tchadensis, den Millenium-Mann Orrorin tugenensis, den Kenianer Kenyanthropus platyops, Lucys jüngste Schwester Australopithecus garhi und nicht zuletzt den rätselhaften Zwerg Homo floresiensis, der auf einer einsamen Insel noch bis vor kurzem unter uns geweilt haben soll, schwiegen sich "Lucy und ihre Kinder" bis jetzt aus.
Bis jetzt. Denn in diesem Jahr präsentierten die Autoren eine aktualisierte und erweiterte Auflage ihres großformatigen Buchs. Wie zuvor behandeln sie im ersten Teil die zentralen Themen der Paläoanthropologie: Sie schildern ihre Forschungsmethoden, diskutieren die Problematik von Stammbaum und Artbegriff und beschreiben anatomische und kulturelle Besonderheiten der Hominiden wie aufrechter Gang, Werkzeuggebrauch oder den Ursprung der Sprache. Die Autoren wählen hierbei einen nüchtern-sachlichen Stil und kommen damit den Erwartungen an ein Nachschlagewerk entgegen.
Richtig spannend wird es im zweiten Teil: die Belege. Hier werden alle wichtigen Funde der Paläoanthropologie ausführlich beschrieben, wobei die fantastisch gemachten und meist in Originalgröße abgebildeten Fotos von David Brill bestechen. Wer sich für alte Knochen unserer Vorfahren begeistern kann, dem wird hier das Herz aufgehen.
Fazit: "Lucy und ihre Kinder" präsentiert sich nach wie vor als faszinierendes Familienalbum unserer Ahnen und dürfte das beste Nachschlagewerk der Paläoanthropologie sein. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt allerdings: Dass die vom Elsevier-Verlag herausgegebene deutsche Übersetzung acht Jahre nach der Rechtschreibreform immer noch auf die Rechtschreibung von 1901 setzt, erscheint doch ein wenig fossil.
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