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Einführung in die kosmische Fotografie

Gleich ob es sich um die Ringe des Saturns oder die Kraterlandschaft des Monds handelt: Oft ist es der Blick mit einem kleinen Teleskop auf unsere unmittelbare kosmische Nachbarschaft gewesen, der in uns die Begeisterung für die Astronomie geweckt hat. Die Beschäftigung mit Sonne, Mond und Planeten bietet dem Sternfreund aber auch weit über diese ersten Schritte hinaus ein reiches Betätigungsfeld. Das Buch "Sonne, Mond, Planeten beobachten und fotografieren" von Mario Weigand und Sabrina Geyer gibt dem interessierten Beobachter und Fotografen auf knapp 150 Seiten in ansprechender grafischer Gestaltung und mit zahlreichen farbigen Grafiken und Bildern einen Überblick über die Thematik.

Den Einstieg macht ein Kapitel über Teleskope und sinnvolles Zubehör. Zunächst werden die wichtigsten Teleskoptypen und ihre Eigenschaften beschrieben. Leider vermisst man an dieser Stelle nicht nur langbrennweitige Faltsysteme, die sich als ausgemachte Mond- und Planeten-Spezialisten hervortun, sondern auch das weit verbreitete Maksutov-Cassegrain-Teleskop. Im Anschluss werden in ähnlicher Form Okulartypen, Barlowlinsen, Binokularansätze und Filter für den visuellen und fotografischen Einsatz im Hinblick auf ihre Eignung betrachtet. Der letzte Abschnitt widmet sich Umwelteinflüssen wie Seeing, Transparenz und Lichtverschmutzung.

Das folgende Kapitel befasst sich mit Fotografie und Bildbearbeitung. Ähnlich wie schon im vorangegangenen Kapitel werden verschiedene Webcams und Industriekameras vorgestellt (Anwendungsmöglichkeiten von anderen Kameratypen bleiben unerwähnt) und die wichtigsten Schritte bei der Aufnahme und Verarbeitung erläutert. Enttäuscht wird allerdings, wer sich hier ein ausführliches Tutorial zur Bearbeitung von Videoaufnahmen oder Erklärungen, was genau bei den einzelnen Bearbeitungsschritten passiert, erhofft hat. Abgesehen von Betrachtungen zum Auflösungsvermögen und zur Größe des Bildausschnittes bleibt es bei qualitativen Beschreibungen. Hinzu kommt, dass das Kapitel zwangsweise darunter leiden muss, dass die erwähnte Philips-Webcam bereits bei Drucklegung des Buches nur noch auf dem Gebrauchtmarkt erhältlich war und die Programme zur Bearbeitung der Videos mittlerweile in komplett überarbeiteten Versionen vorliegen.

Bevor es dann im Hauptteil des Buches um die praktische Beobachtung der Planeten geht, wird in einem vorangestellten Kapitel noch eine kurze Einführung zu den theoretischen Grundlagen gegeben. Dazu zählen die Bahnen der Planeten um die Sonne und die sich daraus ergebenden Schleifenbewegungen am Himmel und Sichtbarkeitsperioden ebenso wie die Entstehung von Phasen und Begriffsklärungen zu Oberflächenphänomenen wie Albedo und Randverdunklung.

Jedem Planeten des Sonnensystems wird ein Unterkapitel gewidmet, das in einen Überblick über dessen physikalische Eigenschaften, die Ergebnisse von Weltraummissionen, Sichtbarkeitsbedingungen und Hinweise zur visuellen Beobachtung und zur Fotografie wie die Wirkung von Filtern oder die Beobachtbarkeit von Details und Monden gegliedert ist. Während beim Mars Albedostrukturen, der jahreszeitlichen Entwicklung der Polkappen und Wetterphänomenen wie Staubstürmen thematisiert werden, liegen die Schwerpunkte bei den Gasriesen Jupiter und Saturn auf den beobachtbaren Wolkenstrukturen, dem Tanz der Monde und im Falle von Saturn natürlich auch auf dem Ringsystem. Für Uranus und Neptun dagegen bleibt das Ziel die Auflösung des Planetenscheibchens selbst.

Die beiden abschließenden Kapitel wenden sich dann Mond und Sonne zu. Auch hier werden zunächst grundlegende Eigenschaften wie die Bahn am Himmel und die Eigenrotation erläutert. Bevor auf die Beobachtung und Fotografie des Mondes eingegangen wird, erläutern die Autoren die Entstehung der verschiedenen Oberflächenformationen. Bei der Sonne stellen sie die beobachtbaren Phänomene sowohl im Weißlicht als auch im in den letzten Jahren erschwinglich gewordenen H-Alpha-Bereich vor. Beide Kapitel schließen mit einem Abschnitt über Finsternisse.

Stellenweise wirkt die Anordnung der Textabschnitte ungewöhnlich und nur wenig strukturiert, beispielsweise wenn bei den Planeten Merkur und Venus jeweils auf Transits vor der Sonne eingegangen wird, lange bevor die sichere Sonnenbeobachtung im letzten Kapitel erläutert wurde. Ähnlich ist es mit Grundlagen und Hintergrundinformationen, die zum einen teilweise in Extrakapitel ausgelagert wurden oder aber für jedes Objekt einzeln aufgeführt werden. Aber auch ganze Kapitel wie das über das Einsteigerobjekt Mond würde man viel weiter vorne vermuten.

Ein wenig verwundert auch der große Bogen, der um Fachbegriffe englischer Herkunft gemacht wird. So wird die elektronische Verstärkung (Gain) als "Gewinn" bezeichnet, und auch wer auf der Suche nach einer Erläuterung der Abkürzungen für die Wolkenbänder und Strukturen auf dem Jupiter ist, muss sich die tabellierten Beschreibungen selbst zurückübersetzen. Generell ist der Text aber gut verständlich geschrieben, die wenigen Formeln im ersten Drittel werden erläutert und teilweise sogar hergeleitet. Allerdings haben sich immer wieder auch sprachliche Ungenauigkeiten eingeschlichen, so kann beispielsweise eine Barlowlinse schwerlich die Helligkeit eines Objektes verringern – sie verteilt sie nur über eine größere Fläche.

Insgesamt ist deutlich spürbar, dass sich das Autorenduo in der praktischen Anwendung wesentlich wohler fühlt als bei den theoretischen Grundlagen. Hier kann der bekannte Planetenfotograf Weigand auf seinen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Bei den Hintergrundinformationen sind dagegen auch handfeste Fehler zu finden. So entstehen die Fraunhofer'schen Absorptionslinien des Sonnenspektrums in der Photosphäre und nicht in der darüberliegenden Chromosphäre, und nur weil die Kalzium- und Balmer-Linien chromosphärische Emissionskerne aufweisen, lässt sich mit Schmalbandfiltern diese Atmosphärenschicht der Sonne beobachten, nicht aber weil ein Teil des absorbierten Lichts in unsere Richtung reemittiert wird. Ein solcher Fauxpas sollte zwei studierten Physikern, von denen einer seine Abschlussarbeit im Bereich der Astronomie gemacht hat, eigentlich nicht passieren.

Obwohl sich das Buch auch ausführlich mit den Techniken der visuellen Beobachtung befasst, liegt der Schwerpunkt der Darstellung bei der Fotografie. So stammt die einzige Zeichnung, die das Buch präsentiert, ausgerechnet vom denkbar undankbarsten Zeichenobjekt Merkur. Auch Anregungen zu systematischen Beobachtungen wie die Bestimmung von Sonnenfleckenrelativzahlen fehlen vollkommen.

Die Technik der Videoastronomie ermöglicht es heutzutage schon mit vergleichsweise geringem finanziellen Aufwand, qualitativ hervorragende Aufnahmen von Sonne, Mond und Planeten zu gewinnen, so dass eine gezielte Einführung in deutscher Sprache, die dem Interessierten die notwendigen Techniken vermittelt, schon lange überfällig war. Dennoch offenbart "Sonne, Mond, Planeten – beobachten und fotografieren" an genau dieser Stelle seinen Hauptschwachpunkt: Es fehlt die Zielgruppe. Da Kenntnisse in der Handhabung von Teleskop und Kamera vorausgesetzt werden, ist es kein grundlegendes Einsteigerwerk. Wer sich als Neuling in der Astronomie dennoch anhand dieses Buches in das Thema einarbeiten möchte, wird aber schnell an den Punkt gelangen, wo schon die Darstellung der wichtigsten Handgriffe als zu oberflächlich und wenig ins Detail gehend empfunden werden. Für den fortgeschrittenen Beobachter und Fotografen dagegen bietet das Buch im Wesentlichen eine Zusammenfassung von bereits Bekanntem und ist damit auch kein Ersatz für weiterführende Literatur, da speziellere Techniken und gezielte Tipps und Tricks fehlen.

Praktisch sämtliche Mankos des Buches sind der Tatsache geschuldet, dass die Autoren auf weniger als 150 Seiten nur schwerlich eine ausführlichere und tiefergehende Darstellung unterbringen konnten. Hätte Weigand schätzungsweise das Doppelte an Platz zur Verfügung gestanden, hätte er für Einsteiger und Fortgeschrittene gleichermaßen interessant erläutern können, wie die hervorragenden Aufnahmen, die das Buch zieren, im Detail zustande gekommen sind. So aber gesellt sich "Sonne, Mond, Planeten – beobachten und fotografieren" zu Stefan Seips "Himmelsfotografie mit der digitalen Spiegelreflexkamera" aus demselben Verlag. Wem dessen knappe Einführung in die Astrofotografie zusagt, der ist auch mit diesem Buch gut bedient – im Normalfall dürfte das Buch aber schnell das Bedürfnis nach ergänzender Lektüre wecken.

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