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Der Hund, die Öko-Sau?

Jan Dönges
"Esst eure Hunde lieber auf!", legt ein kürzlich erschienenes Buch qua Titel ("Time to eat the dog") nahe. Der Grund: Was ein spritfressendes Straßenschiff verbraucht, ist eine Kleinigkeit verglichen mit dem, was der beste Freund des Menschen wegputzt – in ökologischer Hinsicht, versteht sich.

Robert und Brenda Vale, Architekten und Experten für nachhaltige Lebensführung an der University of Wellington in Neuseeland, haben den "ökologischen Fußabdruck" unserer Haustiere berechnet. Dabei sind sie auf Zahlen gekommen, die eines deutlich machen sollen: Statt Fahrzeughaltern gehören eher Hundehalter an den Pranger gestellt.

"Der Öko-Fußabdruck eines Toyota Land Cruisers beträgt rund 0,41 Hektar – weniger als die Hälfte eines mittelgroßen Hundes", berichtet beispielsweise der "New Scientist".
Ein Pfotenabdruck wie ein Pick-Up-Truck | Der "ökologische Fußabdruck" von Hunden soll doppelt so groß sein, wie der eines Geländewagens – das behaupten zwei Experten für nachhaltige Lebensführung.
Bei einem Kätzchen sieht die Umweltbilanz nur wenig besser aus, denn der Stubentiger soll eine Energiemenge wegfuttern, die der eines VW Golf entspricht. Ein Hamster korrespondiert immerhin zu einem halben Plasma-Fernseher und ein Goldfisch zu zwei Handys.

Grundlage der Berechnung ist – wieder laut "New Scientist" – folgende Überlegung: Pro Jahr verschlingt ein mittelgroßer Hund, der Spaniel etwa, an die 164 Kilo Fleisch und 95 Kilo Getreide und hinterließe damit einen Fußabdruck von 0,84 Hektar. Diese Fläche benötige man nämlich, um das nötige Futter anzubauen. Beim hungrigeren Schäferhund würden sich dadurch sogar ganze 1,1 Hektar ergeben.

Einen großen Fußabdruck versuchen auch Blogger und Kommentatoren im Internet zu hinterlassen, allerdings auf dem Hintern der Buchautoren. So zum Beispiel Clark Williams-Derry im Daily Score Blog der Nachrichtenseite "Sightline Daily": Statt 10 000 Kilometern, wie von den Vales angenommen, würden US-amerikanische Autobesitzer eigentlich eher 22 000 Kilometer fahren, was den tatsächlichen Fußabdruck des SUVs gegenüber dem im Buch genannten Wert deutlich nach oben korrigieren dürfte. Das aber nur nebenbei.

Unfair an den Berechnungen sei vor allem, dass nicht berücksichtigt werde, welcher Anteil des Hunde- und Katzenfutters mit ohnehin anfallenden Abfallprodukten aus der Nahrungsmittelherstellung gedeckt wird.
Jan Dönges, Redaktion spektrumdirekt
Blogger Williams-Derry rechnet vor, dass allein aus Kostengründen eigentlich nur verschwindend wenig Fleisch und Getreide speziell für die Vierbeiner angebaut werden kann.

Das Problem bei der Sache ist, dass – außer dem "New Scientist" – offenbar niemand das Buch selbst gelesen hat – wir übrigens auch nicht. Wie die Vales auf ihre Werte kommen, ist daher schwer zu sagen. Die reine Anbaufläche, die für ein Kilogramm Getreide oder Fleisch nötig ist, liegt nämlich deutlich unter dem angegebenen Wert: Ein Kilogramm Weizen bezieht man beispielsweise bereits aus einer Fläche von zirka 1,3 Quadratmetern. Wahrscheinlich aber haben die beiden Autoren stattdessen die Gesamtenergiekosten der Getreide- und Fleischgewinnung berücksichtigt, die sich dann wieder auf Fläche-in-Hektar rückrechnen lassen. Bei der Bestimmung dieses „Getreide-für-Hundefutter-Fußabdrucks“ gibt es natürlich Gestaltungsspielraum.

Wie plausibel ist das Ergebnis der Beiden? Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die Aussage von David Mackay, den "New Scientist" zu Wort kommen lässt: "Nach meinen Schätzungen liegt der Energiefußabdruck einer Katze bei rund 2 Prozent des Energiefußabdrucks eines durchschnittlichen Briten – und für die meisten Hunde ist er größer." Bei einem Wert von 5,6 Hektar pro Person macht das 0,112 Hektar pro Katze. Die Vales kommen hier auf 0,15.

"Wired.com" gibt dem Thema übrigens einen interessanten Dreh: 70 Millionen Hunde und 88 Millionen Katzen in den USA multipliziert mit dem Flächenbedarf pro Tier ergibt 76 Millionen Hektar. Würde man nur 1/18 dieser Fläche mit Solarzellen pflastern, könne man selbst konservativen Rechnungen zufolge den Jahresstromverbrauch der USA damit decken, schreibt das Magazin auf seiner Onlineseite.

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