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Higgs-Teilchen aus der Zukunft zerstörten den LHC

Jan Dönges
Schuld am Ausfall des Genfer LHC ist nicht eine schlechte Lötstelle, sondern eine Mischung aus Schicksal, theoretischer Physik und handfesten Paradoxien im Raum-Zeit-Kontinuum. Diese Hypothese haben zwei Physiker in mehreren Artikeln auf dem arXiv-Server publiziert. Im Klartext lautet sie: Die Higgs-Bosonen, die der Beschleuniger dereinst (nicht) produzieren wird, werden immer wieder ihre Herstellung verhindern.

Jan Dönges, Redaktion spektrumdirekt
Die Autoren Holger Bech Nielsen vom Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen, ein renommierter Mit-Begründer der Stringtheorie, und Masao Ninomiya vom Yukawa Institute of Theoretical Physics in Kyoto stützen sich dabei nach eigenen Angaben auf "eine Anzahl nicht völlig überzeugender, aber doch recht sinnvoller Annahmen".

Eine davon besagt, dass die Entwicklung des Universums irgendwie von ihrem Ende her bestimmt wird, was sich in mathematischer Hinsicht durch Hinzufügen einer imaginären Komponente zu einer gängigen Gleichung ausdrücken lässt, die praktisch immer den Wert Null annimmt, es sei denn ... Sie verstehen, worauf das Argument hinausläuft. Eine sehr gut verständliche und trotzdem exakte Erklärung der physikalischen Zusammenhänge stand in einer zukünftigen Version dieses Artikels, hat sich aber selbst vernichtet.

Weil nun die Existenz freier Higgs-Bosonen aus bestimmten Gründen in diesem Plan des Universums nicht vorgesehen ist, wird ein Erfolg des LHC extrem unwahrscheinlich gemacht. Im Gegenzug steigt die Wahrscheinlichkeit von Zwischenfällen jedweder Art. "Higgs-Maschinen werden vom Unglück verfolgt sein", schrieben die Autoren daher schon hellsichtig im Jahr 2006 im Grundlagen-Artikel "Future Dependent Initial Conditions from Imaginary Part in Lagrangian".

Wie das aussehen kann, zeigt der Superconducting Super Collider (SSC) vom Anfang der 1990er Jahre. Er wäre die erste solche Maschine gewesen, fiel aber, nachdem der Tunnel zu einem Viertel gebaut worden war, drastischen Budgetkürzungen zum Opfer – ein Ereignis, das nur als "bemerkenswertes Pech" bezeichnet werden könne.

Zurück zur Wahrscheinlichkeitsrechnung: Um weiteren Schaden vom LHC abzuwenden, schlagen Nielsen und Ninomiya den Betreibern am CERN ein Kartenspiel vor, das nicht nur über das weitere Schicksal des Superbeschleunigers, sondern auch über das ihrer Theorie entscheiden soll. Zwischen einige Millionen Karten, die alle die Aufschrift "Weiter so!" tragen, soll eine einzige mit "Stoppt den LHC!" gesteckt werden. Haben die beiden Forscher Recht, wird es der Zufall wollen, dass genau diese Karte gezogen wird. Den LHC könnte man dann getrost einmotten.

Und nicht nur, weil dann ein Weltuntergangsszenario weniger die Gemüter erhitzt, sei das beileibe keine Schande: "Es wäre ein wundervoller Erfolg für CERN und LHC, rückwärts gerichtete Kausalität zu entdecken", schreiben die Forscher. Plädiert das probabilistische Kartenorakel dagegen für ein Weiter-So, könne man sich wenigstens wieder beruhigt seinen bewährten physikalischen Gesetzmäßigkeiten zuwenden.

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